"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Mittwoch, 17. September 2014

Argentinien im Zeitraffer

El Calafate

Mein erster Stopp in Argentinien. Und etwas unorganisiert. Da ich ja 5 Tage fernab von Internet in Torres del Paine war, konnte ich dieses Mal nicht wirklich viel Zeit für die Gastgebersuche investieren. Ich hatte allerdings eine Zusage und eine Handynummer.
In El Calafate angekommen wollte ich diese Person kontaktieren. Im Busterminal gab es zwar kostenloses Wifi, das funktionierte jedoch nicht in meinem Netbook. Und Bargeld hatte ich auch keines, um anzurufen. Ich lief ins Zentrum, sah ein Haus mit einem i-Zeichen (für Information) und lernte Ignacio kennen. Der arbeitete dort. Das war keine wirkliche Touriinfo, es war mehr ein Reisebüro. Ich erkundigte mich gleich über die Konditionen für einen Ausflug zum Gletscher Perito Moreno, den ich am Folgetag besuchen wollte. Wir kamen ins Gespräch und am Ende bot mir Ignacio nicht nur an, das Wifi der Agentur zu benutzen, sondern darüber hinaus auch, bei ihm unterzukommen. Er kannte Couchsurfing, hatte aber selbst kein Profil.

Ich ließ mein Gepäck im Reisebüro und zog durch die Stadt. Geld war nötig. Und mit Geld ist es so eine Sache in Argentinien! Der offizielle Wechselkurs (auch der meiner DKB-Visa-Karte) liegt bei ca. 10,85. Also für einen Euro erhalte ich knapp 11 Argentinische Pesos. Aber der Kurs des Schwarzmarktes liegt bei mindestens 1:17, wenn man Glück hat 1:18. Ich hatte lediglich 40.000 chilenische Pesos und 200 Euro Bargeld über und der Schwarzhändlerkurs in Calafate war mies (1:14 für Euro, Pesos wollte fast niemand haben). So hob ich Kohle von meinem Konto ab und damit kostet auch alles etwas mehr als nötig. Patagonien gilt aber selbst als sehr teuer. Für den Transfer zum Gletscher habe ich 220 Pesos gezahlt, der Eintritt kam 215 Pesos. Bananen kosten 15-20 Pesos/ Kilo, 350g Nutella über 70 Pesos, Salami 24 Pesos 180 Gramm. Mit meiner 1:11 Rate auf Dauer kostspielig. Noch kostspieliger werden dann aber die Busfahrten. Dazu später mehr.

Nach meiner Stadtrunde bin ich wieder zurück ins Büro und habe dann auf den Feierabend Ignacios gewartet. Dann habe ich noch alles für den Tagesausflug am nächsten Tag geregelt und wir haben am Abend zusammen gekocht.

Am Folgetag ging es 9.30 Uhr los. Mit mir war nur eine weitere Person im Van, Vinicius, ein
Brasilianer. Wir hielten kurz an, um uns die Flamingos nahe des Stadtzentrums anzusehen, dann ein weiterer Stopp für ein Bergfoto und nach dem Bezahlen des Eintritts nach einer Stunde dann der erste Aussichtspunkt des Gletschers. Und ich war ein wenig enttäuscht. Der erste Anschein ähnelte dem Gletscher in Torres del Paine sehr. Und dafür habe ich jetzt 40 Euro bezahlt?
Doch je näher wir dem Gletscher kamen, desto faszinierender wurde es. 



Wir hielten zuerst am See an, auf dem Eis trieb. Von dort aus führt ein Panoramaweg immer näher zum Gletscher. Gleich in den ersten Minuten nach unserer Ankunft konnte wir diverse Male Eis brechen sehen, absolut beeindruckend! Selbst kleine Eisbrocken verursachen ein Geräusch wie ein Jahrhundertgewitter (der Gletscher ist 70 Meter hoch). Die Zeit verging recht schnell, ich habe mich super mit Vinicius verstanden. Er hat mir sogar noch Schokolade geschenkt. Damit hat man bei mir ja gleich gewonnen :D
 















Gegen 17 Uhr waren wir zurück in Calafate. Ich bin einkaufen gegangen und habe am Abend mal wieder gekocht :) Reis mit Ratatouille. Auf dem Weg zum Haus wurde ich das erste Mal in meinem Leben von einem Straßenhund angegriffen. Ich dachte der will nur bluffen mit seinem Gebell, aber dann schnappte er nach meinem Knöchel. Aber letzten Endes hat er nur geblufft denn zum Glück hat er nicht wirklich zugebissen!

Mein ursprünglicher Plan war es, nach dem Gletscher direkt in den Bus zu steigen um nach Bariloche zu fahren. Das hätte bedeutet 28 Stunden Fahrt für 1400 Pesos (1900 Kilometer da Umweg über Rio Gallegos. Bei einem Wechselkurs von 1:11 teuer wie ein Flug!). Nachdem ich Ignacio erzählt hatte, dass ich eigentlich Wale sehen wollte, meinte er, dass gerade in Puerto Madryn Wal-Saison wäre. Ein spontaner Planwechsel stand an. Die Fahrt nach Puerto Madryn sollte beim ersten Mal fragen 1076 Pesos kosten für 1530 Kilometer. Bevor ich jedoch am Folgetag versuchen wollte, wenigstens ein paar Kilometer per Anhalter zu fahren, fragte ich nach, wie viele Plätze im Bus frei seien und ob der auch mitten in der Pampa anhalten würde. Freie Plätze gäbe es genug, der Bus würde aber nicht stoppen. Der nette Herr der Busgesellschaft hatte wohl Mitleid mit mir und bot mir an, dass wenn ich bis 11 Uhr kaufen würde, er mir die Fahrt für 890 Pesos anbieten könnte.

Nachdem ich 30 Minuten erfolglos versuchte aus Calafate wegzukommen und es begann zu regnen,
ging ich auf sein Angebot ein. Es erwarteten mich nun 23 Stunden Busfahrt mit nur sieben weiteren Personen (davon 3 andere Deutsche), alles Touris. Erstaunlicherweise war die Fahrt ganz ok. Nur die eine Stunde irgendwo auf den Anschlussbus warten hat genervt. Aber so konnte ich mich wenigstens etwas frisch machen.


Puerto Madryn

Gegen 13.30 Uhr kamen wir in Puerto Madryn an. Ich fragte am Terminal gleich nach den Anschlussbussen nach Bariloche, habe ich doch einen straffen Zeitplan! Der günstigste Nachtbus startete 21 Uhr und kam etwas weniger als 600 Pesos (928 Kilometer). Das Wifi im Terminal funktionierte wieder nicht. Ich musste meinen großen Rucksack irgendwo loswerden, um zum Steg zu laufen. Die Mietboxen kosteten 40 Pesos, Geld, das man gut sparen kann. Also bin ich zum Polizeibüro im Terminal gelaufen und habe mit einem Rehblick gefragt, ob ich meinen Rucksack hier zwischenlagern könnte. Zuerst verweigerte man mir das doch beim Verlassen des Büros dann die Meinungsänderung.

Auf zum Pier! Hier soll man Wale sehen können. Noch mehr und näher (und teurer) auf der Halbinsel Valdes (Eintritt 160P), aber ich hatte am Pier ebenso Glück! Ich sah sie bereits von weitem im Meer empor springen. Wahnsinn! Mir stockte dann der Atem, als eines der Prachtexemplare keine 10 Meter vor mir im Meer auftauchte. War das eben wirklich gerade wahr oder sitze ich noch im Bus und träume? Ich wollte schon immer mal Wale in der Freiheit sehen und hier wurde mein Traum wahr. Es war super windig aber ich blieb mehrere Stunden. Und zum Ende hin dann mein absolutes Highlight: zwei riesig große Wale schwammen am Steg entlang. Ich war sprachlos. Dieser Umweg hatte sich definitiv gelohnt!













Vor Anbruch der Dunkelheit bin ich dann noch etwas Essen gegangen und habe in einem Einkaufszentrum das Wifi genutzt bevor es weitere 15 Stunden über Nacht nach Bariloche ging.

Bariloche

Ist für mich das St. Moritz Südamerikas. Hernan, mein Gastgeber, holte mich am Busterminal ab und
fuhr mich im Anschluss ins Zentrum. Er musste bis 18 Uhr arbeiten, die paar Stunden erkundete ich die Innenstadt (ich will nicht wissen wie ich nach den zwei enormen Busfahrten ausgesehen habe). Am zentralen Platz warteten Bernhardiner mit ihren Herrchen auf fotowillige Touristen. Häuser ähneln denen in der Schweiz oder im Süden Deutschlands.

Bariloche ist bekannt als Skigebiet und als Zielgebiet für Schulabsolventen. Ich habe diverse davon in Einheitsskiklamotten auf der Straße gesehen. Mc Donalds sponsert die Straßenschilder in den Hauptstraßen (Mc Donalds Schriftzug darüber, wie grausam), Schokoladenläden an jeder Ecke, Männer sprechen mir Cambio zu, wenn ich an ihnen vorbeigehe. Cambio! Geldwechsel. In Buenos Aires gibt es den besten Schwarzmaktkurs des Landes, doch ich brauchte das Geld vorher. In Bariloche konnte ich bis auf 1:17,9 hoch handeln. Doch weil ich auch kleine Scheine hatte (5,10,20 Euro), wollte mir der Händler das dann nicht geben. Die kleineren Scheine seien weniger Wert. Aha. In Deutschland aber nicht. Naja, wir einigten uns auf 1:17,8. Immerhin.

18 Uhr holte mich Hernan in der Stadt ab, wir sind zum Haus gefahren, dort wartete eine andere Couchsurferin aus Belgien. Da hier erst dank einer Stunde Zeitunterschied die Sonne 19.30 Uhr untergeht, sind wir noch eine Runde mit dem Auto herumgefahren (circuito chico) und haben tolle Aussichtspunkte gefunden. Nach einem Absacker in einer Bar gings wieder nach Hause.

Am nächsten Tag bin ich per Anhalter zu Cerro Campanario gefahren. Der nette Herr hatte andere Gäste in seinem Van, die er zu deren Hotels gefahren hat. Danach sind wir zum Cerro Cathedral gefahren, gilt als größtes Skicenter Südamerikas. Von unten hat man aber nicht viel gesehen: Enrique, so der Name des Fahrers, musste mich Deutsche dann noch seinen deutschsprechenen Freunden vorstellen (ebenso per Telefon). Ich war 16 Uhr mit Hiwad (der Australier vom Trekking) in der Stadt verabredet, mittlerweile war es 14 Uhr und ich noch nicht auf dem Berg. Dann sind wir endlich weitergefahren, Enrique wollte eine Abkürzung fahren, die aber ziemlich am Ende geschlossen war, weshalb wir wieder komplett umkehren mussten.

Ich erreichte den Berg erst 15 Uhr. Enrique bot an, unten auf mich zu warten um mich dann in die Stadt zu fahren, aber das war mir zu viel der Freundlichkeit, ich konnte das nicht annehmen! Ich stieg dann 30 Minuten den Berg hinauf (man kann ebenso mit einem Lift fahren -100P hin+zurück). Die Aussicht war den steilen Aufstieg alle mal Wert!



Ich verweilte ein bisschen, mit der Zeit im Nacken, aß mein Sandwich und teilte es mit zwei Katzen.
Dann bin ich in 16 Minuten bergab gelaufen und bin zur Stadt zurück getrampt (18km). Er Herr wohnt an Kilometer 5 (also 5km vom Zentrum) und ist extra nur für mich bis ins Zentrum gefahren. Was es doch für liebe Menschen gibt!
[In Bariloche braucht man eine aufladbare Karte, um die Busse benutzen zu können. Die kostet knapp 12 Pesos und kann nicht zurückgegeben werden. Für zwei Fahrten war es mir das nicht wert. Hernan hatte mir seine zur Verfügung gestellt.]

Ich war eine Stunde zu spät zu unserer Verabredung und Hiwad war leider schon weg (kann ich verstehen). Mangels Internet konnte ich ihn auch nicht in der Stadt kontaktieren. Ich bin dann noch ein Eis essen gegangen und bin anschließend einkaufen gegangen, weil ich für Hernan und mich ein Kartoffelgratin kochen wollte.

Am letzten Tag hat mich Hernan vor seiner Schicht am Busbahnhof abgesetzt. Ich wollte trampen. Nicht schon wieder übertrieben viel Geld für den Bus ausgeben (800Pesos für 1220km). Über eine Stunde stand ich in der Kälte, mein Schild tapfer haltend. Und dann hielt ein kleiner Truck, der mich wenigstens 50 der angestrebten 1220 km mitnehmen konnte. Dann wartete ich eine weitere halbe Stunde. Ich stand in der Pampa. Autos waren rar. Und wenn sie passierten, dann gab es auch schon mal ein Hupgeräusch oder Lichthupe, aber kein Anhalten. Es war 11.30 Uhr, 13 Uhr fuhr der Bus in Bariloche ab, der aber nicht irgendwo zwischen Städten (zum Beispiel da wo ich stand) anhalten
würde. Eine Entscheidung musste her: wieder zurückfahren und das teure Busticket kaufen oder auf Risiko gehen? Der nette Herr, der mich bis hierher mitgenommen hatte, kehrte nun wieder zurück. Wir plauschten ein bisschen am Wegesrand, bei jedem Auto schnellte ich auf meinen Platz zurück. Und dann, ja dann war es endlich soweit, dass ein Minibus anhielt. Zwei Jungs und drei Mädels der gleichen Firma waren eine Woche geschäftliche in Bariloche und fuhren jetzt gen Osten. Sie mussten über Neuquen, die nächste realistische Stadt zwischendrin, die ich angepeilt hatte.

Ich verabschiedete mich vom Trucker und stieg bei den lustigen Fünf ein. Neben guter Stimmung und Musik gab es noch Kuchen und Chips. Besser als im Bus :) Nach einer Weile hielten wir im Nirgendwo an. Ich dachte es wäre eine Pinkelpause, aber der Grund war viel wichtiger: Die Fünf wussten von einem Mann, der seit mehr als zwanzig Jahren neben der „Autobahn“ (ist ja nur eine zweispurige Schnellstraße) lebt. In einem Zeltverschlag. Ohne Strom und Wasser. Er fragt auf einem Schild nach Essen. Er würde nie die Autos dafür anhalten.
Vor zwanzig Jahren verstarb seine Familie bei einem Autounfall genau an dieser Stelle. Der Mann ist mittlerweile über 70 Jahre alt und mit nichts von dort wegzubekommen.
Ich wurde nachdenklich.

Ca. 3 Stunden und 380 km später waren wir in Neuquen angekommen. Ich wollte nicht weiter trampen, denn ich war recht spät dran. Ich würde es nicht früh nach Mendoza schaffen! Also den Rest mit dem Bus. Es war 15.30 Uhr, der nächste Bus nach Mendoza fuhr erst 18.15 Uhr. ABER es kostete nur 450km von Bariloche entfernt (knapp 1/3 der Gesamtstrecke) bereits 50% weniger (400P). Und es gab kostenloses Wifi am Bahnhof., das auch mal funktionierte :) Ich bin dann noch zu einem Supermarkt Essen einkaufen gegangen und die Zeit war recht schnell herum. Nächster Stopp: Mendoza!

Hasta pronto,

Caro

Per Anhalter in Argentinien:
-Frontfenster im Bus werden nachts kalt
-je südlicher man reist, desto geringer die Chance auf eine Mitfahrgelegenheit (zu wenige Autos, zu große Distanzen, keine Städte dazwischen)
-nicht das finale Ziel auf den Zettel schreiben, wenn die Distanz zu groß ist. Die Argentinier scheinen im Vergleich zu den Chilenen nicht mitzudenken (das zb. auch ein Teil der Strecke okay wäre). Besser Zwischenziele oder einfach nur Daumen herausstrecken und dann am Auto verhandeln.
-Landkarte mehr als nötig! Das Streckennetz ist im Vergleich zu Chile sehr verstreut, es gibt keine zentrale große Autobahn. Um nicht die falsche Richtung einzuschlagen sollte man vorher die Zwischenstädte kennen


Allgemein:
-im Süden Argentiniens gibt es keine Plastikbeutel in Supermärkten (außer Früchte und Gemüse)
--in Gegensatz zu anderen Ländern wird in Argentinien für das Gepäckeinladen in den Bus Trinkgeld erwartet
--an jeder Grenzüberquerung Passkontrolle
-Urinflaschen der Trucker liegen schön verstreut am Wegesrand

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